OV Region Heide

Kreisverband Dithmarschen

Heide, 25.01.2022

Elbfähre rechtlich notwendige Verbindung?

Einweisung von Fahrzeugen auf der Elbfähre (Foto: NDR)

 

Wieder einmal ist der Versuch vorläufig gescheitert, eine Fährverbindung in der Elbmündung zwischen Brunsbüttel und Cuxhaven zu etablieren. Aber es regt sich Widerstand. Viele wollen diese Verbindung. Aber ist sie notwendig?

Eine rechtlich notwendige Verbindung?

Diese Frage stellt man sich, wenn man in Brunsbüttel steht und überlegt, wohin die Reise gehen soll. Der Begriff hängt eng mit der Daseinsfürsorge zusammen, für die unsere Politik verantwortlich ist. Sie soll sicherstellen, dass die Bereitstellung und die Sicherung des allgemeinen und diskriminierungsfreien Zugangs zu existentiellen Gütern und Leistungen für alle Bürger auf der Grundlage definierter qualitativer und quantitativer Standards möglich ist. Diese etwas komplizierte Definition politischer Aktivitäten zeigt auch das Dilemma: Man muss sich entscheiden, knappe Mittel zu verteilen.

Außerdem werden Umweltgesichtspunkte immer wichtiger: Die CO2- Belastung auf dem Weg von Stadt zu Stadt ist auf dem Umweg über Glückstadt-Wischhafen oder gar über Hamburg ein Vielfaches der Direktverbindung Brunsbüttel-Cuxhaven. Auch das darf heute nicht mehr ignoriert werden.

Im Fall der Elbverbindung von Brunsbüttel in Dithmarschen nach Cuxhaven in Niedersachsen kommt hinzu, dass nicht nur zwei Städte, sondern auch zwei Bundesländer beteiligt sind. Darüber hinaus sind die Bundesregierung und die EU in Brüssel in ihren Eigenschaften als Geldquellen daran beteiligt. Reichlich viele Meinungen und Interessen auf einmal.

Die Ratsversammlung in Brunsbüttel hat jetzt die Initiative ergriffen, um die festgefahrene Situation wieder in Bewegung zu bringen. Auf der nächsten Sitzung am 27.01.2022 soll eine Resolution zur Wiederingangsetzug der Fährverbindung verabschiedet werden. Die Wirtschaftsministerien der Länder Schleswig-Holstein und Niedersachsen, der Kreis Dithmarschen, der Landkreis Cuxhaven, die Stadt Cuxhaven sowie die regionalen Mitglieder des Bundestages und der Landtage sollen die Resolution mit der Bitte um Unterstützung erhalten.

Die Grünen in der Region Heide schließen sich dieser Resolution an und werden sie nach Kräften unterstützen.

Hier der Resolutionstext:

Sehr geehrter Herr Minister,

wir wenden uns hiermit in einer wichtigen und dringenden Angelegenheit an Sie. Sie wissen sicherlich um die Schwierigkeiten der Reederei „Elbferry“ und der inzwischen vollzogenen Einstellung der Fährverbindung zwischen Brunsbüttel und Cuxhaven. Die Reederei „Elbferry“ hat diese Fährverbindung bis zum 15.12.2021 rein privatwirtschaftlich betrieben.

Die Einstellung des Fährverbindung stellt einen großen, nicht aufzufangenden Verlust für die gesamte Region beiderseits der Elbe, für Dithmarschen und das Industriegebiet in Brunsbüttel und auch für den internationalen Güterverkehr und den regionalen und touristischen Personenverkehr dar.

Uns liegen nun Hinweise vor, dass es sich bei dieser Fährverbindung zwischen Schleswig-Holstein und Niedersachsen rechtlich um eine notwendige Verkehrsverbindung und damit um eine sog. Daseinsvorsorge im Sinne des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) handelt. Eine solche rechtliche Einordnung löst die Finanzierungspflicht dieser Verbindung für Verkehrsinfrastruktur und Verkehrsleistung durch den Mitgliedsstaat aus und sichert die Verbindung für die Nutzer planbar und auf Dauer zuverlässig. Darum geht es uns.

Wir messen dem zukünftig verbindlich dauerhaften Betrieb der Fährverbindung Brunsbüttel-Cuxhaven eine besondere Wichtigkeit und Bedeutung zu. Die Verbindung würde auch zukünftig vom regionalen bis internationalen Verkehr genutzt werden. Sie diente der grundlegenden Versorgung des Raums beiderseits der Elbe. Verlässlichkeit und gesicherte Verfügbarkeit dieser fahrplanmäßigen Verbindung waren für alle Nutzer so entscheidend, dass sie unabhängig von der finanziellen Leistungsfähigkeit einer Reederei auch zukünftig dauerhaft bestehen muss. Wir gehen daher davon aus, dass es sich hier um eine Daseinsvorsorge handelt, und die Verbindung mit ihren Anlegern/Häfen einzurichten ist als fahrplanmäßige öffentliche Verkehrsverbindung zwischen zwei Bundesländern auf der Bundeswasserstraße Elbe nach dem Raumordnungsgesetz u.a. §2, §17 ROG. Das Raumordnungsgesetz schließt Strecken auf Bundeswasserstraßen nicht aus. Auch verbindet die Fährlinie die B 5 mit der B 73/A 27 für den überregionalen Verkehr. Diese Verkehrsplanung und damit die Pflicht zur Daseinsvorsorge obliegt damit dem Bund. Dessen Versäumnisse hinsichtlich der Bundeswasserstraßenverkehrsplanung zwischen Niedersachsen und Schleswig-Holstein bedeuten nicht, dass diese bisherige Verweigerungshaltung rechtens ist. Sie sollte auch im Sinne des Europäischen Rechts hinterfragt werden. Bestärkt wird unsere Annahme durch den außerordentlichen Einsatz vieler Unterstützer aus Wirtschaft und Politik in Schleswig-Holstein und Niedersachsen zum Erhalt der Fährverbindung, sowie durch Äußerungen Ihres Hauses, dass es sich bei dieser Fährverbindung um eine „Verbindung handelt, die aus verkehrlichen Gründen zwingend erforderlich ist“ (Parl. Staatssekretär Enak Ferlemann). Auch aus dem Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus des Landes Schleswig-Holstein gab es ähnliche Äußerungen. Über die Wichtigkeit dieser Verkehrsverbindung gibt es keinen Dissens. Hier sind sich die Länder Niedersachsen, Schleswig-Holstein und der Bund nach unserem Kenntnisstand einig.

Im Zeitalter europäischer Werte wäre es dem Bürger nicht zu vermitteln, weshalb eine Region entgegen den Vorgaben von Grundgesetz und Raumordnung benachteiligt wird, nur weil sie zufällig an einer Bundeswasserstraße liegt, und der Bund weder die Infrastruktur noch die Verkehrsleistung auf seiner Wasserstraße vorhält oder die Regelungen dafür schafft, um die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse für die Regionen und deren wirtschaftliche Entwicklung beiderseits des Unterelberaums zu gewährleisten. Dieses Versäumnis des Bundes für Regelungen und Finanzierung ist unserer Ansicht nach weder mit EU-Vertrag noch dem Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes mit seinen Konkretisierungen z.B. im Raumordnungsgesetz vereinbar, und führt zu der genannten Benachteiligung unserer Region.

Wir bitten Sie daher, die Fährverbindung Brunsbüttel – Cuxhaven als Projekt der Daseinsvorsorge einzustufen und die Verkehrsverbindung zwischen beiden Ländern rechtskonform dauerhaft zu regeln und zu finanzieren, um die beschriebene Benachteiligung unserer Region beiderseits der Elbe zu beenden.



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