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So stellen wir uns Dithmarschen für Touristen vor: Kinderfreundliches Baden am Deich (vorausgesetzt es ist gerade Flut), am Horizont ein paar friedliche Windräder - hier können Familien Ruhe tanken...
Die Realität sieht etwas anders aus. Hier ist Kutterregatta in Büsum, zehntausende Besucher drängen sich um den Hafen. Und die Zahlen sprechen für sich: Zweidrittel aller Übernachtungen im Jahr sind in Büsum, hier schlägt das volkswirtschaftliche Herz des Dithmarscher Tourismus.
Nur - die Übernachtungszahlen sehen in den letzten Jahren nicht mehr so gut aus. Tagesgäste wie hier - ja! Längerer Aufenthalt - nein!
Die Schattenseite des Tagestourismus: riesige Parkflächen müssen vorgehalten werden, die Zufahrtstraßen ächzen unter der Verkehrsbelastung. Und von Parkgebühren allein kann ein Nordseebad nicht leben.
Nachdem der Gast also seinen Parkplatz bezahlt hat, kommt die nächste Kasse. Wer die Nordsee sehen will, muß zahlen: 2,75 Euro die Person. Und dazu wird natürlich kontrolliert (auch die Hunde!). Der Eindruck : hier wird der Besucher richtig abgezockt.
Das ist alles, was der Besucher Büsums ohne Tageskurabgabe von der Nordsee zu sehen bekommt. Aber wenn dann gerade die “Kurkapelle” vorbeimarschiert...
Aber Ironie beiseite: Wer von den Besuchern Büsums weiß schon, daß es in einer verschwiegenen Ecke einen Weg zur Nordsee gibt, den man ohne Zaun und Kontrolle bis hin zur Mole begehen kann?
Da an heranströmenden Touristen kein Mangel ist, wer will der Stadtverwaltung die Einnahme neiden? Dieses Bild zeigt aber ein Problem mit dem Stadtbild:
Was will Büsum architektonisch eigentlich sein? Ein Nordseebad, eine Kleinstadt oder eine Vorstadt von Wanne-Eickel?
Wer große Events aufzieht, darf sich nicht wundern, wenn wirklich alle kommen. Hier betrachtet der Familienvater mit dem Kinderwagen etwas zweifelnd die Gruppe Motorradtouristen, die sicherheitshalber gleichen den zentralen Hafenplatz
besetzt haben.
Bei einer Kutterregatta sind die Schiffe natürlich die Hauptsache. Und es kann natürlich etwas schief gehen. Hier geriet einer der “Rennkutter” echt in Brand. Die Fahrgäste kamen gerade so rechtzeitig an Land, daß die Feuerwehr nahtlos übernehmen konnte. Die meisten Besucher hielten den echten Einsatz übrigens für eine gelungene Übung, Einsatz von Löschschaum inklusive.
Bei aller Aufregung und Großveranstaltung, es gibt auch besinnliche Momente. Diese Möwe suchte Fisch, der Rest kümmerte sie wenig.
Auch diese beiden Segler fanden den Plausch an Oberdeck viel wesentlicher als den Trubel. Die Besucher im Hintergrund suchen (und fanden) einen Weg um die Absperrung der Feuerwehr herum.
Und weil es ein Büsumer Hafenfest war, gab es natürlich einen (!) Stand mit Büsumer Krabben für die Touristen. Er wurde von einer chinesischen Familie betrieben ...
Das Marktgeschehen vor den Kuttern war offenbar das Hauptereignis. Stände mit Hosen verdecken das nautische Geschehen.
Der Büsumer “Museumshafen”. Vorn rechts legt ein originalgetreuer Helgoländer Ewer zur Hafenrundfahrt ab. Der dicke weiße Hafendampfer links hat im Hamburger Hafen schon bessere Tage gesehen. Den Büsumer Stadtvätern ist es jetzt gelungen, das schwimmende Restaurant zum Ablegen zu zwingen. Ob der Dampfer es auch tut?
Das “grüne” Flaggschiff der Regatta erhielt die Auszeichnung für die gelungenste Dekoration eines Krabbenkutters.
Neben dem Riesentrubel am Hafen öffnet sich hinter dem Deich ein Blick auf eine der ruhigen “Schlafstraßen” in Büsum. In dieser Straße dürfte es kein Haus geben, das nicht das Schild “Ferienwohnung frei” in Bereitschaft hat.
Um die Büsumer Kirche herum gibt es Inseln der Beschaulichkeit, aber sie liegen abseits vom Hauptstrom der Tagestouristen.
Immer wieder fällt in Büsum auf, in welchen Umfang Plastik-Fassaden das Stadtbild in der Fußgängerzone beherrschen.
Brunsbüttel: Ein Sprung weit in den Süden des Kreises. Wir befinden uns auf einer Bundeswasserstraße, denn von einer Kanalfähre hat man auch als Tourist den besten Blick auf die Schleusen.
Die großen Luxusjachten machen einen Bogen um Brunsbüttel, legen höchstens zum Tanken an.
Für die Normalmenschen und -touristen gibt es eine „Kreuzfahrt” der eigenen Art. Mit der Kanalfähre kann man einmal in den Süden unseres Landes fahren (es heißt wirklich Brunsbüttel-Süd!) und gleich wieder zurück - und es kostet nichts!
Nicht weit vom Fähranleger hat sich die Stadt Brunsbüttel große Mühre gegeben, den Bereich bei den Schleusen und dem Jachthafen für Besucher herzurichten. Dieser Aussichtspunkt scheint sich herumgesprochen zu haben - jedenfalls für Wochenenden bei gutem Wetter. Hier könnte etwas Marketing noch weiter helfen.
Auch die grünen Wegweiser in Brunsbüttel sind neu. Rechts davon am Pfahl die konventionelle Form des Dithmarscher “Event-Marketing”. Hier ist noch Raum für deutliche Verbesserungen im Erscheinungsbild.
Wenn sich dann aber der Dithmarscher Regen bemerkbar macht, dann sind wir bei dem zentralen Tourismus-Problem in Norddeutschland - dem Wetter. Tourismus-Veranstalter, die hierfür keine Lösungen anbieten, stehen bald selbst im Regen.
Das Regenproblem gilt auch für den Flohmarkt in Meldorf. Es gibt in ganz Dithmarschen keine Halle, die für einen größeren Flohmarkt geeignet ist. Parkgaragen in Supermarkt-Kellern oder umgebaute Kohl-Schuppen in ehemaligen Konservenfabriken sind keine diskutablen Alternativen.
Es ist Sonntagmittag und die Meldorfer Innenstadt ist voll. Aber die vielen Menschen können ein wesentliches Problem der Stadt nicht verdecken...
... ein Gutteil der Geschäfte in der Fußgängerzone steht leer und es gibt kaum Aussichten, daß sich das ändern wird. Allzu freigiebig hat in der Vergangenheit auch diese Dithmarscher Stadtverwaltung Märkte “auf der grünen Wiese” gefördert (“... alle die Arbeitsplätze...”). Das für jeden unterbezahlten Arbeitsplatz und alle die neuen, unversicherten Aushilfsjobs in den Supermärkten eine ganze Wirtschaftsstruktur in den Innenstädten geopfert wurde, wollte niemand so genau wissen.
Auch dieses Textilgeschäft hinter dem Marktstand mußte aufgeben.
“Secondella”, ein Geschäft für Damenbekleidung aus zweiter Hand, machte es in der Meldorfer Fußgängerzone nicht lange. Oft können Vermieter nicht einsehen, daß ihre “1a-Lage” mittlerweile eine ehemalige 1a-Lage ist und treiben mit ihren Mietforderungen die letzten Geschäfte fort. Weniger Geschäfte bedeuten aber sinkende Attraktivität und sinkende Umsätze für die Läden, die es noch gibt. Kann hier der Tourismus helfen?
Welchen wirtschaftlichen Einfluß allein im Bereich der Gastronomie ein Ereignis wie ein einfacher Flohmarkt ausstrahlen kann, der Touristen und Menschen aus der Umgebung anzieht, zeigt dieses Foto.
Schon kleine Dinge vermögen für Touristen echte Erlebnisse auszulösen:
Der kleine Junge, der zum ersten Mal in seinem Leben eine richtige Wasserpumpe selbst betätigen kann, ein paar Hunde, in in einem Wasserbecken planschen könne, der Eismann mit den großen Portionen, der noch nicht einen Euro für die Kugel haben will ...
Eigentlich unbegreiflich: eines der schönsten Geschäfte in der Meldorfer Fußgängerzone steht nun schon länger leer...
Dieser bunte Stand mit der Tombola läßt für einen Augenblick vergessen, daß das Fischgeschäft dahinter (das einzige in Meldorf) auch nicht mehr besteht.
Auch hier die Frage: Haben die Gastronomen und Marktbeschicker für den Regen vorgesorgt? Wer es nicht hat (oder kann), den bestraft der Tourist mit Fernbleiben...
Ein Sprung von der nassen Meldorfer Innenstadt zum nahen Speicherkoog an der Meldorfer Bucht. Hier begegnen uns gleich mehrere Formen des Tourismus, die miteinander so recht nicht können. Da haben wir einmal (wie hier) die Menschen, die zur Naturbeobachtung kommen.
Für die Vogelfreunde hat der NABU am Speicherkoog eine eigene Beobachtungshütte erreichtet. Von hier aus kann (auch bei Regen) die Vogelwelt beobachtet werden, ohne sie zu stören.
Mit ein wenig Geduld lassen sich hier auch spannende Naturphänomene wie das Entstehen einer Windhose (Bildmitte) beobachten....
... oder Brutgelege der Wasservögel (nur bei sachverständiger Führung!) entdecken...
.... oder diese Raupe, die einmal ein prächtiger Schmetterling werden will.
Nur leben naturbeobachtende Touristen meist aus ihren Rucksäcken, gastronomisch gelten sie als hoffnungslose Fälle. Da sind die Windsurfer auf dem Speichersee, die mit oder ohne Wohnmobil anrücken, doch schon andere Gäste.
500 Meter Luftlinie von der Beobachtungshütte im Naturschutzgebiet sind die Schleusen des Meldorfer Hafens, ein echter Anziehungspunkt - nicht nur für Touristen.
Unbenutzt liegen die kleinen Segelboote in den Regalen auf ihrer Brücke am Speichersee, im Hintergrund der “Wattwurm”, am Horizont der Meldorfer Dom. Diese Art von Aussicht über das weite Land scheinen besonders Touristen aus Ländern mit Bergen zu schätzen.
Die Badestelle Nordermeldorf. Der Parkplatz ist riesig, aber auch in der Saison nur wenig genutzt.
Wo in Dithmarschen findet man sonst Sanddorn in diese Menge und Größe?
Drei Touristengruppen an der Badestelle Nordermeldorf, die nicht ohne Probleme sind:
- Kinder, die sich natürlich nach Herzenslust austoben möchten (wo kann man sonst bis zum Horizont radeln?).
- Rentner, die es lieber gemächlich mögen...
- Und Jugendliche, die sich fragen, wo hier bitte die nächste Disco ist....?
Wie macht man es nun diesen Touristen recht. Und alle den anderen wie Radfahrern, Inlineskatern, Wanderern und Wohnmobilfans?
Und ein weiteres Problem: die Technik in der Landschaft bedrängt den Tourismus, hier die Raffinerie in Hemmingstedt am Horizont.
Besonders die Windräder beeinträchtigen die Landschaft für den Tourismus immer mehr. Hier verschwindet die historische Windmühle in Neufeld zwischen den Windkraftanlagen. Das historische Landschaftsbild, eine der zentralen Tourismus-Attraktionen Dithmarschens, ist nachhaltig zerstört.
Nur eines kann Touristen noch nachhaltiger verscheuchen als Windräder: Vernachlässigte Investitionen in der Tourismus-Infrastruktur. Bei diesen verrotteten Strandkörben wendet sich der Tourist mit Grausen.....
Hat Ihnen unser Spaziergang gefallen?
Wir möchten, dass man in Zukunft von Dithmarschen sagen kann:
"Dat's man scheun door. Lot uns mol wedder henfohrn!"
oder so:
"Jo mei, scheen woars, koane Bergen un Himmel wohin man schaut, gell!
Bis zum nächsten Joahr!"
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